Versorgungssicherheit: Drohen aufgrund erneuerbarer Energien vermehrt Stromausfälle?

Von Dominika Hrubcová, 22. Oktober 2019

Beim Ausbau der erneuerbaren Energien nimmt Deutschland seit Jahren eine Vorreiterrolle ein. Das erzielte Wachstum im Feld der Stromerzeugung durch Biomasse, Photovoltaik und Windkraft ist beeindruckend.

Sowohl bei der Bevölkerung als auch im gewerblichen Sektor findet diese Entwicklung weitgehend große Zustimmung. Dennoch wirft sie Fragen auf, insbesondere nach der Versorgungssicherheit. Zunehmend mehr Stromkunden zeigen sich besorgt. Sie fragen sich, ob mit der bereits vor Jahren eingeläuteten Energiewende das Risiko von Stromausfällen steigt.

Auch die erneuerbaren Energien haben ihre Schwachpunkte

Nüchtern betrachtet sind derartige Überlegungen nicht unberechtigt. Fakt ist, dass fossile Energieträger und auch die Atomkraft eine hohe Versorgungssicherheit bieten, weil sie rund um die Uhr nutzbar sind. Bei den erneuerbaren Energien ist die Situation eine andere, es besteht eine deutlich höhere Abhängigkeit von externen Faktoren.

Beim größten dieser Faktoren handelt es sich zweifellos um das Wetter. Sollte die Sonne nicht scheinen, erzeugen Photovoltaikanlagen keinen Strom. Weht kein Wind, stehen die Rotoren von Windkraftanlagen still. Sollte das Wetter den Bauern eine schlechte Ernte bescheren, wirkt sich dies auf die Stromerzeugung mittels Biomasse aus. Selbst bei der Stromerzeugung mit Wasserkraftwerken existiert eine Abhängigkeit: In Trockenperioden besteht an vielen Anlagen die Notwendigkeit, die Stromerzeugung zu drosseln.

Gleichzeitig ist zu bedenken, wie enorm der Anteil des auf Basis erneuerbaren Energien erzeugten Stroms gestiegen ist. Im Jahr 2018 gingen laut Bundesumweltamt knapp 38 Prozent der in Deutschland erzeugten Elektrizität auf erneuerbare Energien zurück. Zugleich wird dieser Anteil in den kommenden Jahren – wenn auch mit einem geringeren Wachstum – weiterhin steigen.

Weshalb der Strom trotzdem nicht so schnell ausfällt

Trotzdem ist in Deutschland eine hohe Versorgungssicherheit gewährleistet. Schließlich wird immer noch mehr als die Hälfte der gesamten Elektrizität auf Basis fossiler Energien erzeugt, was eine vergleichsweise sichere Versorgung gewährleistet. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu berücksichtigen, dass die eigentlichen Kapazitäten in diesem Feld größer sind bzw. im Bedarfsfall mehr Strom auf die konventionelle Art und Weise erzeugt werden kann.

Dies hat primär damit zu tun, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien bereits seit Jahrzehnten stattfindet und die Versorger ihre Systeme angepasst haben. Heute ist es möglich, die Stromerzeugung besser zu steuern, d.h. dem augenblicklichen Bedarf anzupassen. So werden beispielsweise Wetterprognosen berücksichtigt, um den notwendigen Strombedarf zu ermitteln.

Ebenso ist die Stromerzeugung mittels erneuerbarer Energien auf unterschiedliche Art und Weise vom Wetter abhängig. Im Feld der Biogasanlagen ist das Tageswetter nicht so sehr von Bedeutung, weil die zur Stromerzeugung benötigte Biomasse längst auf Lager liegt. Stattdessen besteht eine langfristige Abhängigkeit vom Wetter, ein möglichst guter Ernteertrag ist gefragt.

Die Stromerzeugung mittels Photovoltaik und Windenergie steht häufig im Wechsel. An Tagen, an denen die Sonne kaum scheint, ist es häufig windiger, sodass der verringerte Photovoltaikstrom per Windenergie kompensiert werden kann.

Was bringt die Zukunft?

Selbstverständlich wird der Anteil der erneuerbaren Energien weiterhin ausgebaut. Allerdings schreitet der Ausbau mittlerweile langsamer voran. Diesbezüglich bestehen Grenzen, weil z.B. geeignete Standorte für Windkraftanlagen knapp werden. Mehr Wachstum ist beim Photovoltaikstrom zu erwarten, insbesondere im privaten Sektor.

Allerdings ist auch dort eine Wende festzustellen. Mehr und mehr Verbraucher speisen ihren erzeugten Strom nicht mehr vollständig in die Netze ein, sondern verbrauchen einen Teil im eigenen Haushalt. Damit verbessern sie ihre eigene Versorgungssicherheit und folgen zugleich einem der großen Trends, der in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen wird, nämlich die Speicherung von Elektrizität.

Noch ist dieses Thema vergleichsweise jung bzw. fand es in früheren Jahren wenig Beachtung. Doch gerade weil der Anteil des Ökostroms zuletzt so rasant gestiegen ist, steigt der Bedarf nach Speicherlösungen. Entsprechend intensiv wird derzeit geforscht und auch die Anzahl der Testanlagen steigt.

Das Ziel bei der Entwicklung solcher Lösungen besteht vorrangig darin, Überkapazitäten aufzufangen und für später nutzbar zu machen. Angenommen an einem sonnigen Tag übersteigt die erzeugte Menge an Solarstrom die Nachfrage deutlich, so kann diese Energie gespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen werden.

Warum kommt es zu Stromausfällen?

Tag für Tag kommt es im deutschen Stromnetz zur vorübergehenden Stromausfällen, in Summe sind dies tausende pro Jahr. Allerdings ist die große Mehrheit der Ausfälle nicht auf eine unzureichende Stromerzeugung zurückzuführen, sondern steht mit anderen Schwierigkeiten, wie z.B. technischen Defekten, in Verbindung.

Fazit

Die Energiewende hat die deutsche Stromlandschaft umfassend verändert, der Anteil an Ökostrom ist deutlich gestiegen. Versorgungsengpässe sind jedoch nicht absehbar, auch wenn die erneuerbaren Energien vom Wetter abhängig sind. Schließlich ist die Wetterabhängigkeit je nach Energieart eine andere. Zugleich ist es möglich, konventionelle Energien im Bedarfsfall intensiver zu nutzen und damit zusätzliche Versorgungssicherheit zu schaffen.